Als die Pappel zu zittern begann
Eine junge Pappel wuchs unter vielen gleichaltrigen Pappelbäumchen in einer Baumschule auf. Eines Tages dachte das junge Ding: Ich mag nicht mehr
in Reih und Glied stehen. Ich werde auf Wanderschaft gehen.
Dabei rückte der kleine Baum ungeduldig auf seinem Platz hin und her, und schwups! hatte er es
fertiggebracht, sich selbst aus dem Erdboden herauszuziehen.
Ein wenig tabsig und unsicher schwankte die junge Pappel auf ihren knickrigen Wurzelbeinen davon,
ohne sich von ihresgleichen zu verabschieden.
Bald schon war sie bis an die Landstraße gekommen. Unbekümmert versuchte sie, die Straße zu
überqueren. Aber, o weh! Von allen Seiten brausten Autos heran. Die schwankende Pappel
wußte nicht, wie sie sich retten konnten. Da begann sie vor Angst zu zittern an. Aber schon hatte sie
ein Auto erfaßt. Ihre Füße waren zerknickt. Mit zerschundener Rinde und abgebrochenen Ästen
fand sie der Gärtner später am Straßenrand. Er brachte die Pappel wieder in die Baumschule zurück.
Doch alle Pflege nützte nichts. Die Pappel kümmerte dahin und starb. Ihren Artgenossen aber war sie
ein warnendes Beispiel. Sie merkten sich diese Geschichte genau. Wenn heute eine Pappel an einer
Autostraße gepflanzt wird, beginnt sie schon beim leisesten Windhauch zu zittern an. Sie fürchtet sich
nämlich vor den großen Autos, die über die Landstraße brausen.
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